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NaturFreunde: Berliner Senat muss sich um Pilotprojekt für kostenfreien ÖPNV bewerben

Nach der Ablehnung der Bürgermeister der fünf vorgeschlagenen Städte Bonn, Essen, Mannheim, Reutlingen und Herrenberg, zur Durchführung eines Pilotprojektes für einen kostenlosen Nahverkehr erklärt der stellvertretende Vorsitzende der NaturFreunde Berlin:

Der Berliner Senat muss Berlin als Modellregion für die Einführung eines kostenfreien ÖPNV vorschlagen. Nachdem die Bürgermeister der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Modellstädte Bonn, Essen, Mannheim, Reutlingen und Herrenberg, es abgelehnt haben, ein Pilotprojekt für kostenlosen Nahverkehr zu starten, hat Berlin eine gute Chance, sich als Modellregion für ein solches Pilotprojekt anzubieten. Die Bundesregierung hat aufgrund ihrer verfehlten Verkehrspolitik dringend Handlungsbedarf, um millionenschwere Strafen der EU-Kommission aufgrund der Versäumnisse der deutschen Politik abzuwenden. Berlin kann mit einem Pilotprojekt kostenloser Personennahverkehr dazu beitragen, dass sich die Schadstoffbelastungen in Berlin deutlich reduzieren.

Dazu Uwe Hiksch: „An 73 Standorten in Berlin liegen nach Angaben der TU Berlin die Stickoxid-Belastungen zumindest zeitweise über den erlaubten Grenzwerten. Trotzdem unternimmt der Berliner Senat bisher keine ausreichenden Anstrengungen zur drastischen Reduzierung von Stickoxid-Belastungen in Berlin. Die Einführung eines kostenfreien Personennahverkehrs in Berlin könnte einen wichtigen Beitrag zu einer wirksamen Schadstoffreduzierung leisten. Es ist daher nicht nachvollziehbar, warum der Berliner Senat die vorhandene Chance auf hohe staatliche Zuschüsse von der Bundesregierung nicht ergreift und Berlin als Modellregion für die Einführung eines kostenlosen Nahverkehrs vorschlägt. Niemand bestreitet, dass eine solche Maßnahme zu einem deutlichen Anstieg der Fahrgäste in den öffentlichen Verkehrsmitteln führen und den motorisierten Individualverkehr deutlich einschränken könnte.“

Gleichzeitig unterstützen die NaturFreunde Maßnahmen zur deutlichen Reduzierung des individuellen motorisierten Personenverkehrs in der Innenstadt von Berlin. Sperrungen für besonders umweltschädliche Autos dürfen dabei kein Tabu sein. Die Gesundheit der Menschen in Berlin muss Priorität vor den Interessen der Autofahrer*innen haben. Die NaturFreunde fordern deshalb den Berliner Senat auf, den Ausbau der Fahrradinfrastruktur weiter zu beschleunigen und sich für einen flächendeckenden Ausbau der Straßenbahn in ganz Berlin einzusetzen.

Dazu Uwe Hiksch: „Berlin braucht eine echte Verkehrswende. Die NaturFreunde erwarten vom rot-rot-grünen Senat, dass er sich endlich ernsthaft von den Forderungen der Autolobby distanziert und in Berlin eine ökologische Verkehrswende einleitet. Ein wichtiger Beitrag dazu muss die sofortige Beendigung des Ausbaus der A 100 und eine Aufgabe aller Planungen für die Tangentialverbindung Ost (TVO) sein. Noch immer plant der Berliner Senat an der autogerechten Stadt. Eine solche verkehrspolitische Ausrichtung ist jedoch mit einer menschen- und umweltgerechten Stadt nicht vereinbar. Die NaturFreunde setzen sich für das Ziel einer autofreien Innenstadt ein, damit die öffentlichen Verkehrsräume wieder den Menschen dienen und nicht als Abstell- und Verkehrsfläche für umweltverschmutzende Autos eingesetzt werden.“

Aktion Ticketteilen

Die NaturFreunde Berlin werben mit ihrer Aktion „Ticketteilen“ seit mehreren Jahren für einen kostenfreien öffentlichen Personennahverkehr. In den letzten Jahren haben die NaturFreunde mehr als 30 000 Flyer und 20 000 Buttons an die Berliner*innen verteilt. Mit der Aktion „Ticketteilen“ weisen die NaturFreunde darauf hinweisen, dass mit Umwelttickets an Werktagen ab 20.00 Uhr kostenfrei ein Erwachsener und bis zu drei Kindern mitgenommen werden können. An Wochenenden gilt dieses Angebot ganztags. Mit dieser Aktion wollen die NaturFreunde die Vorteile eines ökologischen und sozialen Personennahverkehrs aufzeigen.

Informationen:
Uwe Hiksch, hiksch@naturfreunde.de, Tel.: 0176-62015902

Den Artikel findet Ihr auch hier: https://www.naturfreunde-berlin.de/naturfreunde-berliner-senat-um-pilotprojekt-kostenfreien-oepnv-bewerben

Politik konkret: Fahrscheinlos durch Berlin – Konzepte der Parteien für einen fahrscheinlosen ÖPNV

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Einladung zur

Diskussionsveranstaltung

Montag, 13.06.2016

19.00 Uhr

NaturFreunde Berlin, Paretzer Str. 7, 10713 Berlin (S- und U-Bahnhof Heidelberger Platz)

 

 

In einer vernetzten Gesellschaft ist Mobilität die Grundvoraussetzung für die Teilnahme am öffentlichen und privaten Leben. Ohne Mobilität werden Menschen von existenziellen Grundlagen des menschlichen Lebens abgeschnitten. Mobilität ist für ein „normales“ Leben alltäglich und wird nicht direkt hinterfragt: Egal ob der Weg zur Arbeit, Hochschule, Schule oder zur Organisation der Freizeit. Mobilität ist Teil des täglichen Lebens.

Jeden Tag nutzen ca. vier Millionen Menschen den öffentlichen Verkehr in Berlin. Die öffentlichen Verkehrsträger unternehmen dabei immer größere Anstrengungen, um Menschen, die ohne Fahrschein unterwegs sind zu bekämpfen: Alleine im letzten Jahr wurden 680 000 Feststellungen von Fahren ohne Fahrschein vorgenommen. Bei vielen führten diese Kontrollen zu einer Kriminalisierung. 140 fest angestellte Kontrolleur*innen sollen dafür sorgen, dass das Fahren ohne Fahrschein möglichst abschreckend wird. Die Zahl der kontrollierten Fahrgäste hat sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt – von 2,7 (2013) auf 5,2 Millionen!

Die Kontrollwut der öffentlichen Verkehrsbetriebe kosten jedes Jahr alleine 4,5 Millionen Euro. Für die Unternehmen bringen sie jedoch unter dem Strich ein positives Ergebnis, da sie von den „Schwarzfahrer*innen“ 6,8 Millionen Euro Bußgeld kassiert haben. Trotzdem sind diese Kontrollen für Berlin ein riesiges Defizitgeschäft. Alleine die Haftplätze für „Mehrfach-Schwarzfahrer*innen“ in Berlin kosten pro Jahr rund 13 Millionen Euro. Bis zu einem Drittel aller Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Plötzensee sitzen wegen Schwarzfahrens ein. Jeder Hafttag in den Berliner Gefängnissen kostet nach Aussagen des Senats 88,70 Euro pro Insass*in.

Menschen die wegen mehrfachen „Schwarzfahrens“ verurteilt werden begehen eine „ „Erschleichung von Leistungen“, wie es im Strafgesetzbuch heißt. Alleine im Jahr 2014 brachte die BVG 33.723 Fälle von „Fahren ohne Fahrschein“ zur Anzeige. Selbst der Sprecher der S-Bahn-Berlin gibt zu, dass die Kontrollen „eine Plus-Minus-Null-Rechnung“ seien.

Die NaturFreunde Berlin treten für ein „Recht auf Mobilität“ ein. Um dieses Recht auf Mobilität zu fördern und in die politische und gesellschaftliche Debatte einzubringen, haben die NaturFreunde vor zwei Jahren ihre Kampagne „Ticketteilen“ gestartet. Seitdem haben sie mehr als 35 000 Buttons, 50 000 Flyer und 5 000 Plakate verteilt. Ziel ist darauf hinzuweisen, dass es in Berlin hunderttausende gibt, die daran gehindert werden, nach ihren Bedürfnissen am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, da sie sich ein Ticket nicht so ohne weiteres leisten können. Die Gefahr, dadurch vollständig ins soziale Abseits zu geraten, nimmt dadurch enorm zu. So kostet das Berliner Sozialticket 36 Euro im Monat, im ALG II-Regelsatz sind jedoch nur 25 Euro dafür vorgesehen.

Seit mehr als zwei Jahren werben die NaturFreunde aktiv dafür, einen ticketfreien öffentlichen Nahverkehr zu entwickel. Zum Teil waren die NaturFreunde damit erfolgreich. So haben die Fraktionen bzw. Parteien von Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE und Piraten Teile der Forderungen der NaturFreunde aufgegriffen und in ihre Programmatik übernommen.

DIE LINKE schreibt in ihrem Wahlprogramm:
„Mittelfristig streben wir die solidarische Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) an. Daher wollen wir in den kommenden fünf Jahren verschiedene Finanzierungsmodelle intensiv prüfen sowie mit den Berlinern und Berlinerinnen, dem VBB und den Verkehrsbetrieben ins Gespräch über den Stadtverkehr 30 der Zukunft kommen. Wir wollen den Rahmen landesgesetzlicher Möglichkeiten daraufhin prüfen, wie die Einführung eines Bürgerbeitrags und die Erhebung einer Infrastrukturabgabe für Unternehmen und Grundstückseigentümer möglich sind und sozial gerecht aufeinander abgestimmt werden können.“

Die Piraten fordern:
„Alle Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren werden ebenso wie die schon bisher unentgeltlich beförderten Gruppen vom Beitrag befreit. Das betrifft mehr als 600.000 Berliner*innen und bedeutet finanzielle Entlastungen vor allem für Familien.
Mehr als 1,1 Millionen Berliner*innen zahlen einen ermäßigten Beitrag von 15 Euro. Die Mobilitätskosten der Empfänger*innen von Transferleistungen nach ALG II, SGB XII und Asylbewerberleistungsgesetz, von Wohngeldempfänger*innen, Studierenden und Auszubildenden über 18 Jahren sinken auf weniger als die Hälfte im Vergleich zum jetzigen Sozial- oder Semesterticket.
Auch die einkommensstärkeren Berliner*innen profitieren mit einem monatlichen Beitrag von 40 bis 50 Euro – noch immer deutlich unter dem günstigsten Monatsticket – vom ungehinderten Zugang zu einem verbesserten ÖPNV.“

Bündnis 90/Die Grünen schreiben:

„Um dieses Ziel Realität werden zu lassen, wollen wir unsere Idee eines solidarisch finanzierten ÖPNV mit einer „Bärenkarte“ weiter vorantreiben.
• solidarisch finanzierte Bürgerticket für alle.
• umlagebasiertes Finanzierungsmodell voran.
• alle Berliner*innen den ÖPNV außerhalb des morgendlichen Berufsverkehrs frei nutzen. Die Zeitkarten kosten künftig maximal halb so viel wie jetzt.
• Minderjährige sowie Transferempfänger*innen, Pflegebedürftige, Schwerbehinderte mit Freifahrerlaubnis und Studierende mit Semesterticket sind von der Umlage befreit.“

In der Veranstaltung wird die Kampagne „ticketteilen“ der NaturFreunde Berlin näher vorgestellt und die Konzepte der Parteien kritisch unter die Lupe genommen. Ziel ist gemeinsam Aktionen und Forderungen für den anstehenden Wahlkampf für das Abgeordnetenhaus zu überlegen, mit denen die Forderung nach einem „ticketlosen Nahverkehr“ vorangebracht werden können.

Einführung:Uwe Hiksch, Mitglied im Landesvorstand der NaturFreunde Berlin